Alle die hier unterzeichnen, haben freien Zutritt zum Umzug und Aufstellung des Narrenbaumes am schmutzigen Dunschtig im Zentrum hiesiger Stadt um 4 Uhr mit Musik und bengalischer Beleuchtung. Pünktlich von 17 Uhr 1 Minute ab der neuen verkehrten Welt, findet das klettern des Narrenbaumes und in Empfang nehmen der Gaben am Dolden statt. Das Besteigen des Narrenbaumes ist nur mit Hosen gestattet. Am Fastnachtsmontag Morgen freien Zutritt zum Frühschoppen Konzert, ausgeführt von der hiesigen Musikkapelle mit neuem Programm. Am Dienstag freie Fahrt zum Wettrennen nach Unteruhldingen.
Darum nur nicht peinlich,
Denn es ist so kleinlich;
Wenn bei großem Geprasse
Recht mager ist die Kasse
Und sind die Steuern groß
Verzage nicht an deinem Los.
Fastnachtsverlauf anno 1922
Mit Hähne krähen, Gaißen gemäcker und Kuhgebrüll bekam der diesjährige schmutzige Donnerstag früh morgens seine Weihe. Narrenvater = und Mutter rüsteten sich zu einer Rundfahrt durch die hiesige Stadt; welche auch pünktlich 9,53 seinen Anfang nahm. Begleitet durch die beiden Narrentöchter im herrlich geschmückten Blumenwagen ging sie Fahrt vom nördlichen Rand des Narrenplatzes über dessen südlichen Rand durch die Unterstadt, Reißmühle, zum Magistrat weiter durch die Immengasse nach dem Hotel Bauer, um wieder am Ausgangspunkt glücklich zu landen. Bei der oben erwähnten Fahrt haben sich besonders hervorgetan die Vorreiter, Vermessungskolonnen, Nachtwächter, Luftschiffer und Taucher die mit heroischem Wagemut ihre schwere Aufgabe zu lösen verstanden hatten. Anfangs war geplant den kürzesten Weg zur Narrenstadt einzuschlagen und zwar über den Nordpol – Rote Meer und Fuchstobel der aber durch eine Unmenge Eisbären, Krokodile und Füchse verrammelt war und somit mit einer Verspätung von 11 Minuten 11 1/11 Sekunde mit der Aufstellung des Narrenbaumes begonnen werden konnte.
Die Aufstellung selbst vollzog sich unter strenger Weisung und Aufsicht der hochwohllöblichen Narreneltern. Es begann der Festakt durch eine tiefgreifende Rede des Narrenvaters und des Ratsvorstandes deren Niederschrift aus unbekannten Gründen nicht möglich war, in Zukunft aber durch einige Dutzend Stenographen bzw. Photographen festgehalten werden soll. Den Schluß der Weihe
krönte ein Rundgesang des Elferrats. Hierauf begann die rücksichtslose Beraubung des in schwindelnder Höhe grangenden Gipfel des Narrenbaumes durch die Jungnarrenschaft. Im Glanze von Mond – und Sternegesichter verkroch sich das allverehrte Narrenpublikum in ihre Schlupfwinkel, und ließ den Narrenbaum bis Montagmittag seine wohlverdiente Ruhe angedeihen. Desselben Mittags kam hoher Besuch aus der nachbarlichen Kur – und Hafenstadt Unteruhldingen um gemeinsam
mit diesen, am unteren dicken Ende des Narrenbaumes von neuem der Narrheit zu würdigen.
Am Aschermittwoch wurde durch ein größeres mit Äxte, Pickel, Schaufel und Hacke bewaffnetes Aufgebot zum abbrechen der Fastnacht von seiner Hoheit dem Prinzen Karneval kommandiert, so daß nach erfolgten Falle des Baumes eine herzzerreißende Trauerfeier einsetzte mit Nachgefolgtem Stockfischwalser. Der Narrenbaum wurde laut allerhöchsten Beschluß des Elferrates an den
Meistbietenden verkauft deren Versteigerungsbedingungen folgende waren:
§§ I.
Die Versteigerung findet bestimmt statt.
§§ II.
Jeder Steigerer hat eine Kaution zu stellen ebenfalls ein Vermögenszeugnis,
Geburtsschein über die Dauer der Ansässigkeit auf der Welt nebst Siegellack (im
Hemd)
§§ III.
Der Zuschlag erfolgt an den Meistbietenden.
§§ IV.
Wegen Preistreiberei darf nicht über 5000 Mark gesteigert werden.
§§ V.
Nach der Ratifikation ist der Baum Eigentum des Steigerers auf eigene Rechnung und Gefahr.
§§ VI.
Der Narrenbaum muß bis zum nächstjährigen schmutzigen Dunstig abgeführt sein andernfalls er nochmals versteigert wird und deren Erlös der Narrenkasse zufließt.
§§ VII.
Dem Besitzer wird die Verpflichtung gemacht von diesem Holz keine Streichhölzer und Parkettböden zu machen.
§§ VIII.
Dem Steigerer wird die Erlaubnis gegeben dieser Baum der Gemeinde zu schenken, damit ein elektr. Mast beim Denkmal angebracht werden kann
§§ IX.
Die Zahlung ist sofort in Bar nicht in Scheck oder Wechsel zu bezahlen.
§§ X .
Der Steigerer hat vor der Ratifikation 2 zahlungsfähige Bürgen namhaft zu machen.
§§ XI.
Der Steigerer hat anzugeben Vor – und Zunahme , Stand, Religion, ledig oder verheiratet im letzteren Fall Angabe der Zahl der Kinder nebst Alter und Gewicht und des Bildungsgrades.
Der Narrenbaum wurde genau nach obigen Paragraphen verkauft um die Summe von 150 Mark 04. In Worten – Einhundertfünfzig Mark 04 Pfennig.
Wie in der Fastnacht 1922 war es für klein und groß; Noch nie so närrisch, lustig und famos.
K.Harnest
Oberuhldingen, den Narrenmonat 1922 .
Der Elferrat